Ansprachegespräch

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Mit einem 5- bzw. 6-Punkte-Ansprachegespräch kannst du überzeugende 1-zu-1-Gespräche führen. Es hat eine klare Struktur, ein klares Ziel und ein klares Ende. Dabei gibt es kein festes Gesprächsskript. Nur mit vielen 1-zu-1-Gesprächen lassen sich echte Mehrheiten aufbauen.

Schritt 1: Einleitung und Vorstellung

  • Gesprächsanlass verdeutlichen: um was geht es, wer bin ich, warum spreche ich mit dem Gegenüber
  • Selbstbewusstes und sicheres Auftreten, klare Sprache
  • Beispiel: "Hallo, ich bin [deinen Namen hier einfügen] von End Fossil. Wir sind eine weltweite Klimabewegung und wir haben [diesen Hörsaal] besetzt, um [die Studierenden hier am Campus zu repolitisieren]."

Schritt 2: Agitation

  • Hier geht es darum, herauszufinden, was dem Gegenüber wichtig ist und was ihr Sorgen bereitet. Dabei ist darauf zu achten, selbst einen möglichst geringen Redeanteil zu haben (idealerweise nicht mehr als 30%).
  • Stelle deine Fragen möglichst offen. Vermeide Vorannahmen und Vorurteile. Insgesamt soll die Sprache bzw. der Wortschatz des Gegenübers verwendet werden und möglichst alle angesprochenen Probleme auf das eigene Narrativ übertragen werden und sie zu kollektivieren.
  • Sei selbst nicht emotionaler oder wütender als dein Gegenüber. Dennoch solltest du aber auch nicht komplett teilnahmslos auf dein Gegenüber wirken. Zeige Empathie und übe dich in aktivem Zuhören! Nehme die Realität des anderen wahr ohne sie zu werten.
  • Hinführung durch strategische Fragen: die angesprochene Person soll ihre Gegener und ihre eigene Macht erkennen; nutze dabei auch konkrete Gesprächsaufhänger; frage nach dem Erfolg vergangener Aktionen und Streiks für die Klimabewegung oder die gesellschaftliche Mehrheit (welche Perspektive hat die Person darauf?)
  • Beispiel: Was macht das mit dir? Wie blickst du darauf? Bist du selbst Teil der Klimabewegung? Was denkst du über die Klimakrise? Wie blickst du auf die Zukunft im Angesicht der Klimakrise? Wer ist deiner Meinung nach verantwortlich für unseren status quo?

Schritt 3: Plan2Win

  • Hier muss deutlich werden, dass das Anliegen der*die Gesprächspartner*in durch die eigene Aktion/Kampagne gelöst bzw. angegangen werden kann, aber nur wenn die Person sich aktiv beteiligt.
  • Ein Plan2win ist eine möglichst bildhafte, sprachliche Visualisierung der Möglichkeiten für die eigene Kampagne, die Bewegung und die Gesellschaft als ganze. Was kann passieren? Was ist möglich? Was wünschen wir uns und wie kommen wir dahin? Warum ist eine Beteiligung für dein Gegenüber persönlich unbedingt erforderlich für den Erfolg?
  • Ziel ist die Hoffnung zu wecken und deinem Gegenüber die eigenen Handlungsoptionen aufzuzeigen.
  • Beispiel: "Was denkst du, können wir erreichen, wenn alle Studierenden hier sich gemeinsam organisieren, die Universiität besetzen und damit zeigen: Es kann so nicht weitergehen?"

Schritt 4: Entscheidungsfrage

  • Stellt eine vorher überlegte Entscheidungsfrage. Anschließend schweigt ihr bis euer Gegenüber geantwortet hat. Die Person ist dann in der Rolle, selbst Verantwortung zu übernehmen für ihr eigenes Handeln und spürt ihre Entscheidungsgewalt und die gesellschaftlichen Strukturen, die diese betreffen.
  • Achte darauf, dass die Fragestellung relevant, ernsthaft und verantwortungsvoll gestellt ist.
  • Beispiel: "Also, bist du bereit, dich mit Gleichgesinnte zusammenzutun und sich für [Selbstinteresse] gemeinsam zu engagieren?"

(Schritt 5: Schutzimpfung)

  • Bereite dein Gegenüber auf den Widerstand der Gegenseite vor, indem du ihr z.B. von den Risiken erzählst, die auf den*die Einzelne*n zukommen können
  • Hier kannst du auch von den Repressionen erzählen, die bei einer Besetzung vorkommen können
  • Dieser Schritt ist nicht zwingend notwendig und hängt davon ab, ob eine gewisse Wahrscheinlichkeit für Repressionen überhaupt besteht
  • Beispiel: Was denkst du über unsere Vision/Aktion/Kampagne? Welche Risiken gehen wir damit ein?

Schritt 6: Nächste Schritte

  • Kontakte austauschen, Verabredung treffen und verabschieden
  • Frage, ob sie an einer spezifischen Aktion oder Aufgabe mitwirken können. Gib ihnen dazu alle Infos, die sie dafür brauchen. Es soll ihre eigene Selbstwirksamkeit und ihr Selbstbewusstsein steigern und sie in deine Kampagne/Besetzung/Aktion einbinden
  • Zeige ihnen einen spezifischen Plan auf und mache ein bis zwei Tage später ein Follow up (z.B. per Telefon), um sie z.B. zu deinem nächsten Plenum einzuladen o.ä.
  • Beispiel:"Großartig, dann lade ich dich dazu ein mir deinen Kontakt zu geben und dann melde ich mich bei dir!"

Weitere Konzepte für überzeugende Ansprachegespräche und Storytelling

AHA-Regel

Mit der AHA-Regel (Anger —> Hope —> Action) lässt sich der Ablauf gut einprägen. Er findet im gewerkschaftlichen Organizing häufig Anwendung und hat sich bewährt. Zudem ist er sehr ähnlich zum 6-Punkte-Gespräch aufgebaut: Zu Beginn sorgt man für „anger“ bzw. Agitation, anschließend folgt ein Teil zum Handlungsweg, der Hoffnung geben soll. Schließlich folgt der Aufruf zur aktiven Teilnahme an einer spezifischen Aktion.

Herz - Kopf - Hand

Hier fängt man mit dem Warum an, also die Ausgangsposition, erklärt anschließend das Was, also die eigene Aktion, und schließlich das Wie, also wie mensch sich einbringen kann.

Ich —> wir —> jetzt

Das Storytelling beginnt mit deiner persönlichen Geschichte (Warum engagierst du dich? Wie kam es dazu?). Anschließend erklärst du deinem Gegenüber den kollektiven Moment und was es bedeutet, sich zusammenzuschließen? Was können wir (du und dein Gegenüber) erreichen, wenn ihr euch zusammenschließt? Schließlich geht es um das Jetzt: was können wir jetzt konkret tun? Was steht an? (z.B. Petition unterschreiben usw.). Diese Methode ist sinnvoll für sehr kurze 1-2 minütige Ansprachen.

Vorschlag für ein Ansprachetraining:

  1. Begrüßung
  2. Mündlicher Input (siehe oben), ggf. Auch zum Konzept und Erfolgen des Organizing allgemein
  3. Übung in 3er Teams im Wechsel (story und setting können sich die Gruppen auch selbst überlegen, 10 minuten pro Durchgang und dann wechseln, sodass jede*r mal in jeder Rolle war) : 1 Organizer*in, 1 Passant*in, 1 Beobachter*in
  4. Erfahrungen teilen und Erkenntnisse zusammenfassen: Was waren Herausforderungen? was hat gut funktioniert?
  5. Abschluss: Aufruf zum regelmäßigen Üben, Angst nehmen in der Realität auszuprobieren, Handout verteilen